Seit zehn Jahren begleitet das Palliativ-Care Team Fürth Schwerstkranke, Sterbende und ihre Angehörigen. Mit viel menschlicher Wärme und palliativ-medizinischer Fachkompetenz. Im Jubiläums-Interview sprechen über ihre Arbeit: der leitende Palliativmediziner Dr. Roland Hanke, sein Kollege Dr. Richard Sohn, Geschäftsführer Ulrich Krebs sowie Einsatzleiterin Ute Jungkunz und ihre Stellvertreterin Stephanie Götz.
Wie wurden Schwerstkranke begleitet, bevor es das Palliativ-Care Team Fürth gab?
Dr. Roland Hanke: „Schwerstkranke sind schon immer durch Hausärzte und Pflegedienste begleitet worden. Aber selten kontinuierlich, über längere Zeit und 24 Stunden am Tag. Außerdem wurden nicht regelhaft ganzheitliche Aspekte wie psychosoziale und spirituelle Hilfen einbezogen.“
Worauf kommt es in der Palliativmedizin an?
Dr. Richard Sohn: „Sie ist deutlich stärker als andere Sparten der Medizin von spirituellen und sozialen Komponenten geprägt. Damit geht eine andere Qualität des Kontakts mit Patienten und Angehörigen einher. Die wiederum berücksichtigt deren individuelle Lebensweise und persönliche Einstellung zu Leben und Sterben.“
Was sind die Stärken Ihres Teams?
Stephanie Götz: „Menschlichkeit, Empathie und liebevolle Fürsorge. Außerdem fundiertes Fachwissen und enorme Berufserfahrung. Außerdem bieten wir alternative Behandlungsmethoden wie Aromatherapie, Akupressur oder Klangschalenmassagen an.“
Welche Persönlichkeit braucht man für Ihre Arbeit?
Ute Jungkunz: „Man braucht psychische und körperliche Stabilität, muss eigene Grenzen kennen sowie ruhig und besonnen bleiben können, sich der Wahrheit verpflichtet sehen und nichts verheimlichen. Man sollte neugierig und offen sein für Neues und sich eine positive Einstellung zum Schicksal bewahren. Man braucht die Begabung zur einfühlsamen Kommunikation, überhaupt zur Empathie. Unabdingbar ist ein hohes Verantwortungsbewusstsein und ein Organisationstalent mit sehr, sehr viel Kreativität.“
Zehn Jahre Palliativ-Care Teams – wie sieht Ihr Resümee aus?
Hanke: „Das Palliativ-Care Team konnte beweisen, dass 85 Prozent der Kranken, die aufgrund ihres Leidensdrucks ansonsten im Krankenhaus verstorben wären, bis zum Schluss im Kreis ihrer Angehörigen bleiben können. Es zeigte sich auch, dass das kollegiale Zusammenspiel aller Beteiligten eine enorme Sicherheit und ein Gewinn ist. Und es konnte gezeigt werden, dass Menschen mit einer todbringenden Diagnose den letzten Abschnitt ihres Lebens selbstbewusst gestalten und auch wirklich zu leben vermögen.“
Ulrich Krebs: „Die Entwicklung unseres Teams ist eine Erfolgsgeschichte. Wir haben mit drei Ehrenamtlichen angefangen und heute haben wir die Stärke einer Fußballmannschaft. Wir sind ein eingespieltes Team, auch in Corona- und Krisenzeiten. Doch der Erfolg hat bekanntlich viele Väter und so sind wir allen Unterstützern äußerst dankbar.“
Der Landrat und 14 Bürgermeister aus dem Landkreis Fürth haben vor Kurzem die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen unterzeichnet“. Was will diese Charta und was bedeutet die Unterzeichnung für Sie, Ihr Team und Ihre Arbeit?
Hanke: „Die Charta ist das Ergebnis einer einzigartigen Willenserklärung von 50 Berufsverbänden, Standesorganisationen, Vereinen sowie kirchlichen Einrichtungen. Sie ist zu hundert Prozent von diesen bejaht worden und enthält damit keine Kompromisse oder Mehrheitsentscheidungen. In ihr wird festgehalten, dass jeder Mensch ein Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingungen hat. Ein Recht auf umfassende medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Begleitung, ein Recht auf angemessene, qualifizierte und multiprofessionelle Behandlung und dieses nach aktuellen, internationalen Standards! Für das Palliativ-Care Team bedeutet die Charta eine wahrnehmbare gesamtgesellschaftliche Unterstützung bei der Durchsetzung von Konzepten, um würdevolle Versorgungen gewährleisten zu können.“
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